Spur eines Jahrhundertirrtums

Inhalt
<< (5.4) Neue Deutung des Michelsonversuchs
>> (5.6) Wie man den Michelson-Versuch durchführen muß

5.5 Nachträglich durchgeführte Versuchsvarianten

5.5.1 Versuche in "größeren" Höhen
5.5.2 Versuch von Trouton und Noble
5.5.3 Versuch von Champeney

5.5.1 Versuche in "größeren" Höhen

Das Ergebnis des Michelson-Versuches erweckte den Anschein, daß die Erde den Äther vollständig mitführt. Man nahm nun an, daß vielleicht von der durch den Weltraum rasenden Erdkugel eine mehr oder weniger dicke Ätherschicht mitgerissen wird, so daß sich ein ,,Ätherwind" erst in größeren Höhen bemerkbar macht. Genannt werden in dem Zusammenhang ein 1925 durchgeführter Versuch im 1742 m ,,hoch" gelegenen Mount-Wilson- Observatorium und ein 1927 in ,,großen" Höhen durchgeführter Ballonversuch. Was kann von solchen Versuchen in unserem Sinne eigentlich erwartet werden?

Was sind in diesem Zusammenhang ,,größere" Höhen? Die Frage lautet auch: Welche quantitativen Bewegungen führt die latente Materie im Innern des Erdwirbels aus, und in welchen Höhen sind überhaupt meßbare Unterschiede dieser Bewegung zu erwarten?

Das ist allgemein die grundsätzliche Frage nach der Bewegung der Materie im Innern eines diskusförmigen Materiewirbels, der allseitig von außen nach innen abgebremst wird und folglich differentiell rotiert. Exakte Aussagen zu dieser Wirbelbewegung, die auch für die Luft- und Wasserwirbel noch zu erforschen sind, werden erst nach umfassenden Untersuchungen und Messungen möglich sein. Eine exakte mathematische Erfassung derartiger Bewegungsvorgänge wird einen ungerechtfertigt hohen Aufwand erfordern, folglich wird man sich auf zweckgerichtete Näherungen einzustellen haben (6). Wir begnügen uns deshalb zunächst im folgenden mit groben Näherungen und legen vorrangig Wert auf eine qualitative Aussage. Verwendete Zahlenwerte sollen nur die qualitative Aussage verdeutlichen helfen.

Der Wirkungsradius der Erde, in dem noch ,,Erdanziehungskräfte" nachweisbar sein sollen, wird mit etwa 900000 km angegeben. Diesen Radius wollen wir auch als Wirkungsradius des Erdwirbels der latenten Materie ansehen. Die genannten ,,größeren" Höhen liegen so gesehen noch immer ganz in der ,,Nähe" der Erdoberfläche. Über die Bewegung der latenten Materie im Innern des Erdwirbels lassen sich zunächst nur grobe Vermutungen anstellen. Die Natur beschert uns aber eine große Anzahl beachtenswerter natürlicher Experimente.

So bewegen sich z.B. alle Körper unseres Sonnensystems, mit wenigen Ausnahmen, in einer flachen Ebene, (Wirbel-Äquator-Ebene), um die Sonne.

Es ist denkbar, daß die Bahnen der Himmelskörper bereits seit ihrer Entstehung in dieser Ebene liegen, aber auch, daß sie erst im Verlaufe von Milliarden Jahren in diese Ebene hineingedreht worden sind. Es scheint so, daß alles, was im Bereich dieser einheitlichen Ebene geschieht, relativ beständig und gesetzmäßig abläuft.

Nach unserer Auffassung ist, wie schon mehrmals betont, die latente Materie an Entstehung und Bewegung der Himmelskörper und auch an der Aufrechterhaltung einer ihnen erteilten Bewegung aktiv und ursächlich beteiligt. Deshalb muß zwischen der Bewegung der Planeten und der latenten Materie um die Sonne ebenso ein gesetzmäßiger Zusammenhang bestehen wie zwischen der Bewegung der Satelliten und der latenten Materie um die Erde.

Aus dem Gravitationsparameter µ = Gm, wobei G die Gravitationskon stante und m die Masse der Sonne bzw. der Erde ist (4.3), ergibt sich die erforderliche Kreisbahngeschwindigkeit für einen Planeten bzw. Satelliten zu

. Dann ist r die Entfernung vom Rotationszentrum des Wirbels.

Der Gravitationsparameter µ wird seit Newton als eine Größe aufgefaßt, die die ,,Massenanziehungskraft" eines Himmelskörpers charakterisiert. In unserem Sinne ist µ eine Zustandsgröße des Wirbels der latenten Materie, die unabhängig davon ist, ob sich im Wirbelzentrurn eine kompakte Masse befindet oder nicht.

Man hat dem Wirbelzentrum eine Masse der Größe "zugeschrieben", die zur Übereinstimmung der berechneten Bewegungsabläufe mit den Beobachtungstatsachen erforderlich ist (4.3). Für die Erde bzw. für den Erdwirbel der latenten Materie errechnet man den Gravitationsparameter:

Damit lassen sich die erforderlichen Bahngeschwindigkeiten für einen Körper, der die Erde umläuft, in Abhängigkeit von seiner Entfernung r zum Erdmittelpunkt bzw. zum Wirbelzentrum berechnen.

Folgende Tabelle und die Darstellung 5.5.1-1 sollen auf die orientieren, die in ,,Nähe" der Erdoberfläche zu erwarten sind.
 
 

r in km

v in km/s

r in km

v in km/s

h in km

800 000

0,706

6978

7,558

600

700 000

0,755

6878

7,613

500

600 000

0,815

6778

7,669

400

500 000

0,893

6678

7,726

300

400 000

0,998

6578

7,784

200

300 000

1,153

6478

7,844

100

200 000

1,412

6388

7,89926

10

100 000

1,996

6387

7,89988

9

90 000

2,104

6386

7,90050

8

80 000

2,232

6385

7,90111

7

70 000

2,386

6384

7,90173

6

60 000

2,577

6383

7,90235

5

50 000

2,823

6382

7,90297

4

40 000

3,157

6381

7,90359

3

30 000

3,654

6380

7,90421

2

20 000

4,464

6379

7,90483

1

10 000

6,313

6378

7,90545

0

9 000

6,655

6000

8,151

8 000

7,059

5000

8,929

 Tabelle 5.5.1-1: Die für einen Erd-Satelliten (theoretisch) erforderliche Kreisbahngeschwindigkeit.

Für die Berechnung des theoretischen Kurvenverlaufes wird die Masse der Erde als punktförmig angenommen, was für große Entfernungen unbedeutend ist. Aber auch für die ,,Erdnähe" wird der theoretische Kurvenverlauf durch die tatsächliche Bewegung künstlicher Himmelskörper noch gut bestätigt.
Ein Beispiel aus dem umfangreichen Tatsachenmaterial: Für einen Flugkörper auf nahezu kreisförmiger Bahn in einer Höhe von 500 km wird bei einem Neigungswinkel von 2,99" eine
Umlaufperiode von 94,49 min angegeben. Die Bahnebene des Satelliten liegt also nahe der Äquatorebene, und seine ,,Flughöhe" über der Erdoberfläche beträgt bei dem in der Darstellung 5.5.1-1 verwendeten Maßstab nur einen Millimeter. Für diese Höhe errechnet sich mit dem Radius r = 6878 km eine theoretische Bahngeschwindigkeit VK = 7,613 km/s. Für die wirkliche
Bahngeschwindigkeit erhält man: .

Dadurch wird der theoretische Kurvenverlauf vorzüglich bestätigt (!).

Mit h ist in der Tabelle zusätzlich die Höhe über dem Erdäquator angegeben. (Erdradius am Äquator: 6378 km). In der Raumfahrt wird meistens die Höhe über dem mittleren Erdradius (6371km) genannt. Damit ergäbe sich z. B. in ,,Höhe" der Erdoberfläche eine Geschwindigkeit v 7,91 km/s und für eine Parkbahn in etwa 200 km Höhe v = 7,79 km/s.

Die Darstellung 5.5.1-1 enthält nur einen winzigen Ausschnitt1 knapp ein Hundertstel, der Ausdehnung des Erdwirbels. Um nur noch den Mond in der Darstellung unterzubringen, müßte die r - Achse bei dem gewählten Maßstab etwa 50-fach verlängert werden. Wir befinden uns also mit unserem Ausschnitt ganz in Erdnähe. Erstaunlich nur, wie das Krümchen Erde seinen "Massenanziehungsbereich" beherrscht. Man beachte in diesem Zusammenhang auch das erstaunliche Rechenexempel in (4.3).


Bild 5.5.1-1: Darstellung vK f(r) und vL f(r) für den Erdwirbel

Wir stellen fest:

Läßt sich daraus auf die Bewegung der latenten Materie schließen?:
 


Demnach ändert sich in Erdnähe am Äquator die Geschwindigkeit der latenten Materie auf 1 km Höhenunterschied um etwa 3,6 cm/s (!).

So gesehen waren die eingangs erwähnten Versuche in einer ,,Höhe" von 1742 m und in Ballonhöhe, (10-20) km, bei denen man bestrebt war, eine Relativgeschwindigkeit von 30 km/s nachzuweisen, völlig aussichtslos. Bemerkenswert ist ein von Miller 1925 auf dem Mount Wilson durchgeführter Versuch. Im Gegensatz zu den üblichen Mitteilungen, daß keiner der Ätherversuche eine Relativgeschwindigkeit zum Äther nachgewiesen habe, berichtet Delokarow, daß bei einer Wiederholung des Michelson-Versuches auf dem Mount Wilson eine lnterferenzverschiebung gemessen wurde, die einer Relativgeschwindigkeit der Erde zum Äther von etwa 10 km/s entspricht. Die Gegner Millers hätten ihn jedoch verhöhnt und die wissenschaftliche Bedeutung seiner Versuche in Frage gestellt. Vavilow soll dazu geäußert haben: ,,In den Versuchen Millers muß man die Beobachtung von ihrer Interpretation unterscheiden. Miller interpretierte den Effekt als Resultat der Bewegung des ganzen Sonnensysterns. Das rief Zweifel hervor." <17>
Sicherlich ist bei derartigen Versuchen die Möglichkeit örtlicher Anomalien in der Bewegung der latenten Materie nicht auszuschließen. Diese wären als Ergebnis verschiedenster materieller Wechselwirkungen, vergleichbar mit Luft- und Meeresströmungen, durchaus erklärbar.
Zweifeln muß man an der wissenschaftlichen Lauterkeit derjenigen, die solche gemessenen Tatsachen negieren, weil diese nicht der Erwartung entsprechen oder nicht in eine vorherrschende Theorie einzuordnen sind.

5.5.2 Versuch von Trouton und Noble

Versuchsanliegen:
In der Elektronentheorie (4.12.3) deutet Lorentz, gestützt auf experimentelle Tatsachen, alle grundlegenden Erscheinungen der Elektrodynamik als Ätherwirkung. Wenn es den absolut ruhenden Ather gibt, wie es Lorentz annahm, und wenn die elektromagnetischen Erscheinungen Ätherwirkungen sind, müßte ein elektrischer Dipol (geladener Kondensator), wenn er sich mit konstanter Geschwindigkeit und geradlinig gegenüber dem Äther bewegt, auf sich selbst ein Drehmoment ausüben. Somit sollte zugleich die Bewegung der Erde gegenüber dem ruhend angenommenen Äther nachgewiesen werden. Der Versuch ist im Grundanliegen dem Michelson-Versuch vergleichbar und wird ebenfalls als Fundamentalversuch der Relativitätstheorie bezeichnet, der speziell die Gültigkeit des Relativitätsprinzips für die Kombination Mechanik/Elektrodynamik nachweist.
 

Versuchsanordnung (Draufsicht):

Bild 5.5.2-1: Trouton-Noble-Versuch
 
 

Versuchsprinzip:

Die Versuchsanordnung ist im Aufhängepunkt drehbar, aber ruhend gegenüber der Erde, aufgehangen. Sie bewegt sich, wie (irrtümlich) angenommen wurde, gemeinsam mit der Erde und v=30 km/s durch das ruhende ,,Äthermeer'. Die Versuchsanordnung ist um den Winkel ß gegenüber der (vermeintlichen) Bewegungsrichtung gedreht.

Gemäß dem Gesetz von Biot-Savart 
erzeugt die ,,bewegte" positive Punktladung, (sofern sie sich tatsächlich in ihrem Wechselwirkungssystem bewegt), am Ort der negativen Ladung die magnetische Feldstärke

.
Die Richtung der erzeugten magnetischen Feldstärke entspricht für die bewegte positive Ladung dem Bewegungssinn der Rechtsschraube.
Gleichermaßen bewirkt die bewegte negative Punktladung am Ort der positiven Ladung eine magnetische Feldstärke von gleichem Betrag. Für die bewegte negative Ladung ist die erzeugte magnetische Feldstärke dem Rechtsschraubensinn entgegengerichtet. An beiden Orten durchsetzen also die magnetischen Feldlinien in der Darstellung 5.5.2-1 die Ebene gleichsinnig (von oben nach unten).

Auf eine im Magnetfeld bewegte Ladung wirkt die Lorentzkraft:

; Betragsform: F = Q v B sin .

Diese Kraft wirkt, wie in der Formel erfaßt und im Bild dargestellt, recht winklig zur Bewegungsrichtung der Anordnung.
Da v und B stets senkrecht aufeinanderstehen, ( = 90° und sin = 1), gilt folglich F =Q v B = Q v µ0 H.
Somit ergibt sich für die beiden gleich großen Kräfte:


Jede der beiden Kräfte bewirkt, von oben gesehen, ein linksdrehendes Drehmoment um den Punkt P:

Gesamtdrehmoment: Mges = 2 M = F l cosß = 

Mit a = 180° -ß , sin(180°- ß) = sin ß und sinß cosß =  ½sin(2ß)

folgt:

Versuchsergebnis:

Es konnte mit dieser Versuchsanordnung unter den genannten Annahmen und Versuchsbedingungen kein Drehmoment nachgewiesen werden, obwohl das "Gesetz von Biot-Savart" und die "Lorentzkraft" durch andere Versuche der Elektrodynamik vorzüglich bestätigt werden und in Anwendung sind.
Das war ein Duell Lorentz gegen Lorentz! Entweder sind die elektrornagnetischen Vorgänge keine Ätherwirkung, oder es gibt gar keinen Äther, oder es gibt keinen absolut ruhenden Äther.

Das Versuchsergebnis ist nicht verwunderlich! In anderen elektrodynamischen Versuchen und Anwendungen bewegen sich elektrische Ladungen tatsächlich in ihrer unmittelbaren stofflichen Umwelt. Bei diesem Versuch aber, wie bei den anderen Äthernachweis-Versuchen, hatte die Versuchseinrichtung keine Bewegung gegenüber dem Äther bzw. der latenten Materie. Es war v = 0 ! Damit ergibt sich praktisch und in obiger Formel kein Drehmoment.

In moderner Deutung sieht man in diesem Versuchsergebnis eine Bestätigung des "lnertialsystems" und des ,,Speziellen Relativitätsprinzips" (Gleichwertigkeit der Bezugssysteme), bei denen die Ursache einer Erscheinung nicht in der stofflichen Wechselwirkung, sondern "schlechthin' in einer beliebig wählbaren Relativbewegung gesehen wird.

5.5.3 Versuch von Champeney

Dieses Experiment ist eine 1963 durchgeführte Variante des Michelson Versuches.

Versuchsanordnung:

Bild 5.5.3-1: Versuchsaufbau von Champeney

Versuchsprinzip:

Laufzeitunterschiede der Signale des Senders von 5 nach A, die bei der Bewegung der Anordnung gegen den Äther auftreten würden, führen zu Frequenzänderungen fA und wären in D registrierbar.

Laufzeit der Signale von S nach A:

Mit den Voraussetzungen zum Michelson-Versuch (5.1, S.108) ergibt sich:
(Näherung für v/c « 1).
Die Laufzeit der Signale hätte demnach, statisch betrachtet, für jede Winkeleinstellungeinen anderen Wert.
Rotieren S, A und D mit konstanter Winkelgeschwindigkeit , ergibt sich eine zeitabhängige Laufzeit der Signale:

Bei Rotation der Anlage müßte sich folglich die Laufzeit der Signale, d. h. ihr zeitlicher Signalabstand, ändern, und die in A durch D beobachtbare Frequenzänderung wäre der Laufzeit proportional.

Laufzeitänderung: 
Frequenz der in A eintreffenden Impulse: 
Damit ergibt sich ein zu erwartendes Frequenzverhältnis: 

Diese Frequenzänderung wird in der Versuchsanordnung durch Ausnutzung des Mößbauereffektes im Detektor zur Anzeige gebracht. Der Mößbauereffekt hat für das Prinzip des Versuches keine Bedeutung. Er dient hier lediglich als Mittel zum Zweck der Anzeige des erwarteten Ergebnisses, weil er insbesondere zur Messung sehr kleiner Frequenzänderungen vorzüglich geeignet ist.

Für diese Versuchsanordnung wurde ein Verhältnis v/c = 10-10 noch als nachweisbar angesehen.
 

Versuchsergebnis:

Es konnte in diesem Versuch keine Frequenzänderung und folglich auch kein Laufzeitunterschied festgestellt werden. Durch die Längenkontraktion allein ist das Ergebnis nicht erklärbar. Das Versuchsergebnis gilt heute neben dem Michelson-Versuch als Bestätigung der Einstein'schen Hypothese von der ,,Konstanz der Vakuumlichtgeschwindigkeit".

In unserer Deutung besagt auch dieses Versuchsergebnis, daß es am Ver suchsort keine Relativgeschwindigkeit zwischen der Versuchseinrichtung und der latenten Materie gegeben hat. In obiger Formel war in Wirklichkeit v = 0! Das ist ausführlich erläutert in (4.11) u. (5.4). In diesem Versuch wurde nur ,,bewiesen", daß bei v=0 auch fA=fS ist.

Damit sei die Betrachtung der Versuche beendet, deren vielfältige Deutung stets nur Interpretation ihres ,,Schweigens" war und ist. Ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt, diese stummen, hochpräzisierten Versuchsapparaturen zu einer aktiven Antwort auf die durch sie an die Natur gerichteten Anfragen zu bewegen ?


Inhalt
<< (5.4) Neue Deutung des Michelsonversuchs
>> (5.6) Wie man den Michelson-Versuch durchführen muß