Spur eines Jahrhundertirrtums

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<< (5.3) Ursprung und "Nützlichkeit" der Kontraktions-Hypothese
>> (5.5) Nachträglich durchgeführte Versuchsvarianten

5.4 Neue Deutung des Michelson-Versuches

Es zeigt sich erneut, daß das Problem der vollständigen oder teilweisen Mitführung des Äthers durch bewegte Körper eine Schlüsselstellung für das Erkennen der physikalischen Wahrheit einnimmt. An dieser Frage, die sich wie ein roter Faden durch die Entwicklungsgeschichte der Naturwissenschaft zieht, scheiterten, wie wir schon verfolgen konnten, zahlreiche entwicklungsträchtige Gedankengänge und Theorien.

Die scheinbaren Widersprüche der ,,teilweisen bzw. vollständigen Mitführung" können nicht erkannt und gelöst werden, solange man nur von ,,bewegten Körpern" schlechthin spricht, das jeweils spezifische Wechselwirkungsprinzip mißachtet (4.7) und dabei stillschweigend voraussetzt, daß jede Bewegung eines Körpers Bewegung gegenüber dem Äther ist.

Man nahm irrtümlich an, daß alle bewegten Körper unter allen Bedingungen, unbeachtet der konkreten Umwelt in der sie sich bewegen, das selbe tun: den Äther teilweise oder vollständig mitführen. Es waren immer nur die Körper, die den Äther mitführen sollen; von der Möglichkeit, daß die Körper vom bewegten Äther mitgeführt werden, ist nie die Rede. Der Äther war allzeit nur dazu da, etwas mit sich machen zu lassen. Wir haben dagegen der latenten Materie auch eine aktive Rolle zugestanden, wodurch sich viele ,,unerklärbare" Dinge
wie von selbst auflösen.

Auch die Lösung des ,,Problems" der teilweisen und vollständigen Mitführung wird dadurch so unglaublich einfach: Jede Bewegung eines Körpers gegenüber der ihn umgebenden und durchsetzenden latenten Materie ist mit einer teilweisen Mitführung der latenten Materie verbunden. Bewegte latente Materie kann den Körper, den sie durchsetzt, vollständig oder nahezu vollständig mitführen.

Zum Beispiel:

,,Die Vorstellung von der vollständigen Mitführung des Äthers schien aber vielen eine allzu gekünstelte Hypothese zu sein. Der Äther verwandelte sich auf diese Weise aus einem festen Körper in eine seltsame Sülze, die eine ungeheure Elastizität und eine unbegrenzte Zähigkeit in sich vereinen mußte. Sterne und Planeten müßten Ätherschweife hinter sich ziehen. Auch alle anderen bewegten Körper hätten entsprechend ihrer Größe Ätherschweife besitzen müssen. Man hätte ja nun auch noch erklären müssen, wie die Ätherströmungen, die durch die Bewegung verschiedener Körper verursacht werden, in Wechselwirkung treten, wie sich die Lichtwellen im sich bewegenden Äther und in den Zonen ausbreiten, wo die Ätherströmungen allmählich abflauend in das unbewegliche Äthermeer übergehen." <49>

Zur ,,seltsamen Sülze" ist zu bemerken, daß die Weltmeere mit ihren unermeßlichen Wassermassen und die Luftmassen der Atmosphäre auch so eine ,,seltsame Sülze" darstellen. Diese Massen befinden sich, wie alle wissen, und was niemand als unerklärbar und folglich als abschaffungswürdig hinstellt, in unaufhörlicher Bewegung und Wechselwirkung, wobei seit ewigen Zeiten Strömungen, Wirbel und Gebiete relativer Ruhe turbulent oder allmählich abflauend ineinander übergehen. Und die Schall- und Wasserwellen breiten sich dennoch aus. Wir werden uns wohl auch noch an rotierend abflauende Schweife gewöhnen und diese mit Selbstverständlichkeit jedem Medium zugestehen müssen.

Stellen wir nun den Michelson-Versuch in seinen größeren Zusammenhang:



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