Spur eines Jahrhundertirrtums

Inhalt
<< (6) Um eine qualitativ neue Deutung der "Gravitation"

Nachwort: Irrungen eines "Ballonfahrers"

Verfolgen wir abschließend einen ,,wundersamen" Erkenntnisweg in eine fiktive Traumwelt:

Versetzen wir uns in die Gedankenwelt eines von Wissensdrang beseelten Naturforschers. Durch hinreichend bestätigte Messungen ist ihm bekannt, daß die Schallgeschwindigkeit gegenüber ruhend angenommener Luft einen konstanten Wert c hat. Er will nun die Existenz der Luft nachweisen, indem er folgerichtig annimmt, daß er, wenn er sich mit der Geschwindigkeit v auf eine Schallwelle zubewegt, ihr gegenüber die Geschwindigkeit c + v und wenn er sich von ihr fortbewegt, zu ihr die Geschwindigkeit c - v haben müsse. Ihm steht zu dem Zweck ein über jeden Zweifel erhabenes Meßgerät zur Verfügung, das jede Bewegung gegen über der Luft korrekt anzeigen würde. Mit diesem Meßgerät besteigt er die Gondel eines Luftballons. Er verkennt oder negiert dabei die Tatsache, daß der Luftballon, obwohl er sich zweifellos "bewegt", keine Relativgeschwindigkeit gegenüber der ebenfalls bewegten Luft hat. Für ihn ist die Bewegung des Luftballons eine Relativbewegung gegenüber der vermeintlich ruhenden Luft. Diese Bewegung hofft er nun dadurch nachzu weisen, daß das Meßgerät auf die Relativgeschwindigkeit c + v bzw. c - v reagiert. Er wird natürlich nicht das erwartete Ergebnis feststellen, weil der Luftballon in Wirklichkeit mit der Luft dahinschwebt und es gar keine Relativgeschwindigkeit des objektiven Meßgerätes zur umgebenden Luft gibt. Er zieht daraus irrtümlich den kühnen Schluß, daß die Schallgeschwindigkeit, unabhängig davon, ob sich das Meßsystem auf eine Schallwelle zubewegt oder von ihr fortbewegt, ihm gegenüber immer konstant sei.

Ein Zeitgenosse des Ballonforschers, der auch annimmt, daß sich der Ballon durch ruhende Luft hindurchbewegte, erklärt das unerwartete Ergebnis durch eine Kontraktionshypothese, wonach durch die Relativbewegung des Meßgerätes gegenüber der Luft das Gerät zusammenschrumpft. Demnach soll der Schall mit der konstanten Geschwindigkeit c (gegenüber ruhend angenommener Luft) und mit der vermeintlichen Relativgeschwindigkeit zum Ballon (c + v) bzw. (c - v) in der Zeit t die nun verkürzte Strecke des Meßgerätes x' (c + v)t bzw. x' = (c - v)t durchlaufen.

Auch unser Ballonforscher bedient sich aus zweifelbehaftetem Motiv der Kontraktions-Hypothese. Da für ihn aber die Schallgeschwindigkeit, unabhängig von der Bewegung gegenüber der Schallwelle, immer konstant ist, bleibt ihm nichts anderes übrig, als im "bewegten" System einen veränderten Zeitablauf für den nichtgemessenen Sachverhalt verantwortlich zu machen. Nach seiner Auffassung durchläuft also der Schall im bewegten Ballonsystem mit der konstanten Geschwindigkeit c in der Zeit t' die verkürzte Strecke x' = c t'.

Und um dem ganzen Ärger zu entgehen, den man schon immer mit dieser Luft hatte, schafft er auch gleich noch die Luft ab und behauptet, der Schall könne auch ohne Luft existieren, man brauche überhaupt nicht danach zu fragen, welche Bewegung ein Bezugssystem gegenüber der Luft hat, denn die Relativgeschwindigkeit des Schalls zu einem bewegten System hänge ja ohnehin, nun experimentell bewiesen(!), nicht von der Bewegung gegenüber der Luft ab. Kurz: Die Schallgeschwindigkeit ist also immer konstant, und verantwortlich für die Naturerscheinungen in den gleichberechtigten bewegten Bezugssystemen sind damit die Kontraktion und ein veränderter Zeitablauf. Es läßt sich nun sogar exakt "nachweisen", daß die Schallgeschwindigkeit eine Naturkonstante und die höchste in der Natur erreichbare Geschwindigkeit ist.

Zu unserem Glück hat der Versuch mit diesen Deutungen nie stattgefunden; es gäbe keine Luft mehr. Doch für die Lichtausbreitung hat es im direkt übertragenen Sinn genau den Versuch mit genau diesen Deutungen gegeben. Das ,,Ergebnis" hat sich seit 1905 zur gediegenen Wissenschaft entwickelt. Spur eines Jahrhundertirrtums?

Über weitere Erkenntnisse dieser wundersamen Irrtahrt und ihre Folgen berichten wir im Teil II: "Logik eines Jahrhundertirrtums".


Inhalt
<< (6) Um eine qualitativ neue Deutung der "Gravitation"